Physiotherapieunterstützung
Physiotherapie ist eine Form spezifischen Trainings, mit dem vor allem die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers wiederhergestellt, verbessert oder erhalten werden soll. Während gesunde Menschen bei ihrer Alltagsorientierung auf sämtliche Bausteine der menschlichen Aufrichtung und Fortbewegung automatisch und unbewusst zugreifen können, stehen die angeborenen Bewegungsmuster zum Greifen und Hantieren, Umdrehen und Aufstehen, Gehen und Laufen bei Schädigungen des Zentralen Nervensystems und des Haltungs- und Bewegungsapparates nur eingeschränkt zur Verfügung. Mit der sog. Reflexlokomotion (oder Reflexfortbewegung) hat Prof. Vaclav Vojta eine Methode entwickelt, die elementare Bewegungsmuster auch bei Menschen mit geschädigtem Zentralnervensystem und Bewegungsapparat zumindest in Teilbereichen wieder zugänglich macht.
In Zusammenarbeit mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum der DRK Kinderklinik Siegen entwickeln wir z.B. im Projekt SenseVojta ein sensorbasiertes System zur Unterstützung der Diagnostik, Therapie und Nachsorge nach dem oben beschriebenen Vojta-Prinzip. Unsere technische Lösung kann bei der Durchführung der Therapie sowohl die TherapeutInnen als auch die Eltern unterstützen. Hierfür entwerfen wir eine elektronische inertiale Messeinheit (IMU), welche mit mehreren Sensoren ausgestattet ist. Wir verwenden vier IMUs, die entlang des Armes angebracht werden, um die subtilen Stimulationen aufzuzeichnen. Die integrierten Sensoren erfassen sowohl einige medizinisch-relevante Parameter der PatientInnen als auch die Bewegungsparameter im 3D-Raum. Diese Daten werden anschließend mit einer intelligenten Auswertungssoftware bezüglich der Vojta-Diagnose und -Therapie interpretiert und dokumentiert. Insbesondere bei betroffenen Kindern bringt diese Lösung einen therapeutischen Mehrwert, da zum einen das Vojta-Prinzip für Kinder viel relevanter als für Erwachsene ist und zum anderen bei Kindern nur der Einsatz einer minimal-intrusiven Sensorik infrage kommt.
Unsere Algorithmen des maschinellen Lernens nutzen die von den Sensoren gesammelten Informationen und helfen den TherapeutInnen bei der Identifizierung der Ergebnisse der Therapieverfahren. Nach der Vorverarbeitung des Datensatzes generierten wir Merkmale nach dem sog. Codebook-Ansatz. Inspiriert von der Textverarbeitung haben wir das Codebook-Verfahren in Richtung der Modellierung und Klassifikation von multimodalen Zeitreihen weiterentwickelt. Die Trainings- und Testdaten werden in einem Hold-out-Verfahren entsprechend aufgeteilt. Zur Klassifizierung der unterschiedlichen Aktivierungsstufen nutzen wir die Support Vector Machines. Aktuell erzielt unsere beschriebene Mustererkennungsplattform bei der Erkennung von vier Stimulationsebenen eine Klassifikationsrate von etwa 85%.
Ansprechpartner
Prof. Dr.-Ing. Marcin Grzegorzek
Drittmittelprojekte und Publikationen
BMBF-Projekt: SenseVojta - Sensorgestützte Diagnose, Therapie und Nachsorge nach dem Vojta-Prinzip. Laufzeit: 01.12.2016 - 30.11.2019.
Khan, M.H.; Schneider, M.; Farid, M.S.; Grzegorzek, M. Detection of Infantile Movement Disorders in Video Data Using Deformable Part-Based Model. Sensors 2018, 18, 3202.

- Forschung
- KI und Deep Learning in der Medizin
- Medizinische Bildverarbeitung und VR-Simulation
- Integration und Nutzbarmachung von medizinischen Daten
- Sensordatenanalyse für assistive Gesundheitstechnologien
- AG Medical Image Computing and Artificial Intelligence
- AG Medical Data Science
- AG Medical Deep Learning
- AG Medical Data Engineering
- Nachwuchsgruppe Diagnostik und Erforschung von Bewegungsstörungen
Ansprechpartner

Marcin Grzegorzek
Geb. 64, 2.OG, Raum 89
+49 451 3101 5603
marcin.grzegorzek(at)uni-luebeck.de